Urlaub bei den Mullahs. Stephan Orth, Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online, reiste für sein zweites Buch „Couchsurfing im Iran – Meine Reise hinter verschlossenen Türen“ im Sommer 2014 in 62 Tagen 8484 km als Couchsurfer durch den Iran. Seine Mission:
„Ich bin auf der Suche nach den kleinen und großen Freiheiten der Iraner. Ich will dem Land seine Geheimnisse entlocken und herausfinden, was hinter blinden Fenstern und verschlossenen Türen passiert.“
Khomeini und Chamenei are watching you
Schon kurz nach seiner Ankunft auf dem Teheraner Flughafen trifft der Autor auf den Revolutionsführer Ruhollah Khomeini und den amtierenden Obersten Führer Ali Chamenei. In zehnfacher Lebensgröße blicken die beiden Ajatollahs eindringlich von einem Poster auf ihn herab, als könnten sie ahnen, was er im Schilde führt.
Offiziell ist Couchsurfing im Iran verboten, dennoch trifft Stephan Orth auf seiner Reise durch den einzigen schiitischen Staat der Welt immer wieder auf Menschen, die Strafen riskieren und ihn bei sich aufnehmen. Und auf die beiden Ajatollahs.
„Ich mache da Urlaub, wo andere Diktatur machen“.
Der Autor kommt vor allem mit einer Gruppe Iraner in Kontakt: Menschen, die gut Englisch sprechen und mehr über das Leben im Westen wissen wollen. Bei all diesen Begegnungen, die in kleine Episoden gegliedert sind, erfahren wir, welche Freiheiten sich seine Gastgeber im alltäglichen Leben nehmen und wie sie dabei haarscharf an grausamen Strafen vorbeischlittern. Die Nutzung von sozialen Medien und das Veranstalten von Pool-Partys bekommen im Schurkenstaat eine ganz neue Dimension von Verruchtheit und Sünde – und wehe man wird dabei erwischt.
„In einer Rangliste der Nationen mit dem schlechtesten Image spielt der Iran seit Jahren um den Weltmeistertitel mit.“
Abseits von Nachrichten über Atomaufrüstung und Hass gegen die USA und Israel erfahren wir durch Stephan Orths Buch, welche Träume die Iraner haben, was sie bewegt und welches Leben sie gern leben würden. Durchzogen werden seine Episoden von praktischen How-to-Anleitungen, etwa wie man im Iran bezahlt, wie man die Straße überquert oder wie man Smalltalk führt. Ein wundervolles Buch, das Lust macht, den Iran zu bereisen – gern auch als Couchsurfer.
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